Wie kam es eigentlich zur Oktoberrevolution 1917?

slawa-welikomu-oktjabrjuEs ist heute sehr interessant zu lesen, was tatsächlich im Jahre 1917 geschah. Dieser Bericht wurde in einer Zeit geschrieben, als der Virus der Konterrevolution noch nicht in der Kommunistischen Partei der Sowjetunion zum Ausbruch gekommen war. Sachlich und detailliert schildern die Autoren die Fortschritte und Erfahrungen, die die Bolschewiki im Verlaufe der Vorbereitungen zur Großen Sozialistischen Oktoberrevolution machen konnten. Sie verhehlen auch nicht, welche Niederlagen und Rückschläge die Partei Lenins und Stalins in dieser Zeit einstecken mußten.  

Der Krieg und der wirtschaftliche Verfall, die den Werktätigen ungeheure Leiden auferlegten, verschärften die Unzufriedenheit der Volksmassen. Die revolutionäre Bewegung der Arbeiterklasse, deren Lage besonders unerträglich war, wuchs an. Gleichzeitig griff die Gärung auch unter den anderen Bevölkerungsschichten, im Hinterland und an der Front, im Innern des Landes und in den Randgebieten um sich. Immer breitere Volksmassen kamen zu der Schlußfolgerung, daß es nur einen Ausweg aus der entstandenen Lage, gab den Sturz der Selbstherrschaft. Die Grundlagen des zaristischen Regimes gerieten ins Wanken. In Rußland reifte eine neue Revolution heran.

1.Der erste Weltkrieg und die Situation in Rußland

Die Februarrevolution. Als erste erhoben sich die Arbeiter Petrograds gegen den Zarismus. Dem Aufruf der Bolschewiki folgend, organisierten sie im Februar 1917 den Generalstreik und gingen auf die Straßen der Hauptstadt, wobei sich ihnen breite Massen der Soldaten anschlossen. „Nieder mit dem Zaren!“, „Nieder mit dem Krieg!“, „Brot!“ stand auf den Bannern der Aufständischen.

 

Die zaristische Regierung war bemüht, den beginnenden Aufstand mit Waffengewalt zu unterdrücken, Aber die Waffen befanden sich in den Händen der Soldaten, und die Soldaten schlossen sich den Arbeitern an. Am 27. Februar (12. März) 1917 hatte die Revolution in Rußland gesiegt.

Die Februarrevolution richtete sich gegen die dem Volk verhaßte zaristische Selbstherrschaft und stand unter der Losung „Für Frieden, Freiheit, Brot“. Wie die Revolution von 1905 bis 1907 hatte sie vor allem das Ziel, den Zarismus aus dem Wege zu räumen und die Überreste der Leibeigenschaft zu beseitigen. Daher bezeichnet man die Februarrevolution von 1917 wie die erste russische Revolution, als eine bürgerlich-demokratische Revolution.

Die führende Kraft in der Februarrevolution von 1917, die die Zarenmonarchie stürzte, war das Proletariat. Es war der Vorkämpfer der Revolution und riß die hauptsächlich aus Bauern bestehende Masse der Soldaten mit. Die Führung der Revolution durch das Proletariat und seine Partei – die Partei der Bolschewiki – sicherte den Sieg. W.I. Lenin schrieb:

„Die Revolution war das Werk des Proletariats, das Proletariat hat heldenmütig gekämpft, das Proletariat hat sein Blut vergossen, es hat die breiten Massen der Werktätigen und der armen Bevölkerung in Bewegung gebracht…“ [1]

Die Arbeiter und Bauern schufen nach dem Beispiel von 1905 gleich in den ersten Tagen der Revolution Sowjets der Arbeiter- und Soldatendeputierten. Diese Sowjets waren jedoch in der ersten Zeit in den Händen der Paktiererparteien der Sozialrevolutionäre und der Menschewiki. Während die Bolschewiki den Kampf der Massen auf der Straße leiteten, besetzten die Sozialrevolutionäre und Menschewiki die Plätze in den Sowjets, in denen sie nun die Mehrheit bildeten. Die Ursache hierfür lag in der noch ungenügenden Organisiertheit und Bewußtheit des Proletariats. Zahlreiche klassenbewußte Arbeiter waren zur Armee einberufen und in der Produktion durch kleinbürgerliche Elemente ersetzt worden. Die Arbeiter und Soldaten betrachteten die Sowjets, in die sie ihre Vertreter entsandten, als Organe der Volksmacht. sie glaubten, daß die Sowjets ihre revolutionären Forderungen erfüllen und vor allem den Friedensschluß herbeiführen würden.

Aber ihre übergroße Vertrauensseligkeit spielte den Arbeitern und Soldaten einen schlimmen Streich. Die Sozialrevolutionäre und Menschewiki dachten gar nicht daran, Frieden zu schließen und die revolutionären Forderungen des Volkes zu verwirklichen. Die Sozialrevolutionäre und Menschewiki waren der Ansicht, daß die Macht der Bourgeoisie gehören müsse, und halfen – auf ihre Mehrheit in den Sowjets gestützt – der Bourgeoisie auf jede Weise, an die Macht zu kommen und den imperialistismen Krieg fortzusetzen.

Entsprechend den Abmachungen mit den Sozialrevolntionären und Menschewiki bildete die Bourgeoisie die sogenannte Provisorische Regierung. Sie bestand aus Kapitalisten und Gutsbesitzern und betrieb von den ersten Tagen ihrer Existenz an eine gegen die Arbeiter und Bauern gerichtete Politik. Die Revolution war das Werk der Arbeiter und Bauern, die Macht aber ergriff die Bourgeoisie.

Wodurch ist es nun zu erklären, daß die siegreichen Arbeiter und Bauern den Übergang der Macht in die Hände der Bourgeoisie zuließen? Nach dem Sturz des Zarismus wurden Millionen Menschen wachgerüttelt und in die Politik hineingezogen, die in der Politik noch unerfahren waren. Ihr Bewußtsein war noch zu schwach entwickelt und ihre Erfahrung zu gering, um zu erkennen, wer ihre wirklichen Freunde und wer ihre Feinde waren. Trunken von den ersten Erfolgen der Revolution, gerieten die Volksmassen in den Bann der Paktiererparteien der Sozialrevolutionäre und der Menschewiki und glaubten, daß die bürgerliche Macht die Sowjets nicht bei ihrer Arbeit hindern werde.

Somit bildeten sich nach der Februarrevolution faktisch zwei Mächte im Lande heraus – die Sowjets der Arbeiter- und Soldatendeputierten und die bürgerliche Provisorische Regierung. Diese Lage wurde von Lenin als Doppelherrschaft bezeichnet.


2.Die Bolschewiki treiben die Revolution voran

Die Aprilthesen Lenins. Nach dem Sturz des Zarismus trat die bolschewistische Partei aus der Illegalität heraus und begann ihre Kräfte zu sammeln und zu festigen. J.W. Stalin kehrte aus der fernen Turuchansker Verbannung nach Petrograd zurück und machte sich sogleich an die Leitung der Parteiarbeit. Die bolschewistische Zeitung „Prawda“, die 1914, vor Beginn des Weltkrieges, von den zaristischen Behörden verboten worden war, erschien von neuem.

Vor der bolschewistischen Partei. stand die Frage: Wie soll man weiterhin handeln, wie die Revolution weiterentwickeln? Alle bürgerlichen und kleinbürgerlichen Parteien waren bestrebt, die Weiterentwicklung der Revolution aufzuhalten und den Kapitalismus zu retten.

Nur die Bolschewiki traten entschieden für die weitere Entfaltung der Revolution, für den Sieg der Arbeiter und Bauern ein. Genosse Stalin rief dazu auf, die gewonnenen Rechte zu verteidigen, die Revolution weiterzuentwickeln und vor allem die Sowjets als die Organe der revolutionären Macht zu festigen. Die Bolschewiki waren der Ansicht, daß die Revolution nicht auf halbem Wege stehenbleiben durfte, sie mußte vorwärtsschreiten, zum Sieg des Sozialismus.

In der Nacht des 3. (16.) April 1917 kehrte W.I. Lenin aus dem Ausland nach Petrograd zurück. Er wurde auf dem Finnländischen Bahnhof von Tausenden Arbeitern, Soldaten und Matrosen empfangen. Die ersten Worte, mit denen sich Lenin nach den langen Jahren des Exils an die Arbeiter und Bauern Rußlands wandte, waren den Aufgaben des Kampfes für den Sieg des Sozialismus gewidmet. „Es lebe die sozialistische Revolution!“ mit diesem Aufruf schloß Lenin seine erste Rede am Tage seiner Rückkehr nach Rußland.

Bereits am zweiten Tag nach der Ankunft in Petrograd, am 4. (17.) April 1917, verlas Lenin auf einer Versammlung der Bolschewiki seine Thesen „Über die Aufgaben des Proletariats in der gegenwärtigen Rcvolution“ [2]. Sie sind unter dem Namen Aprilthesen in die Geschichte eingegangen.

0_81763_351cb208_xlDie Aprilthesen Lenins bildeten den genialen Plan des Kampfes der Partei für den Übergang von der bürgerlich-demokratischen zur sozialistischen Revolution in Rußland. Lenin erklärte in diesen Thesen, daß die erste Etappe der Revolution, die die Macht in die Hände der Bourgeoisie gelegt hatte, beendet war. Es war notwendig, zur zweiten Etappe, zur sozialistischen Revolution überzugehen, die die Macht in die Hände des Proletariats und der armen Bauernschaft legen mußte.

In den Aprilthesen zeigte Lenin, daß die Provisorische Regierung – die Regierung der Gutsbesitzer und Kapitalisten – dem Volk weder Brot noch Freiheit noch Frieden geben werde und daß die Arbeiter und Bauern daher diese Regierung nicht unterstützen könnten.

Lenin lehrte, daß die Sowjets die zweckmäßigste Form der revolutionären Macht sind, daß die bolschewistische Partei durch Aufklärungsarheit die Mehrheit in den Sowjets erringen müsse. Lenin zeigte, daß man die Sowjets der .Arbeiter-, Soldaten- und Bauerndeputierten mit allen Mitteln stärken und die Übergabe der gesamten Macht in ihre Hände erkämpfen müsse. „Alle Macht den Sowjets!“ – das war die Hauptlosung der Bolschewiki.

Die Bolschewiki forderten damals die sofortige Durchführung einer Reihe dringender politischer und ökonomischer Maßnahmen. Sie traten für die Beendigung des imperialistischen Krieges ein, für die Nationalisierung des gesamten Grund und Bodens, das heißt für die Umwandlung des Bodens in Gemeingut des gesamten Volkes, des Staates, und für seine Übergabe in die Nutzung den Bauern, für die Errichtung der Arbeiterkontrolle über die Produktion und die Verteilung der Produkte, für die Beseitigung der nationalen Unterdrückung.

Der Kampf der Bolschewiki um die Massen. Die Aprilthesen Lenins gaben der bolschewistischen Partei – und darüber hinaus der ganzen Arbeiterklasse – eine klare revolutionäre Linie. Unter der Führung von Lenin und Stalin kämpften die Bolschewiki für den Übergang zur sozialistischen Revolution. Sie entfalteten eine gewaltige Arbeit, um die breiten Massen der Werktätigen zu gewinnen, um sie zum Kampf zu schulen und zu organisieren.

Die Bolschewiki brandmarkten auf das schärfste die Politik der bürgerlichen Provisorischen Regierung. Nachdem, die Bourgeoisie an die Macht gekommen war, setzte sie die Politik des verhaßten Zaren fort.

  • Die Volksmassen forderten einen gerechten demokratischen Frieden, aber die bürgerliche Provisorische Regierung setzte den imperialistischen Krieg fort.
  • Die Bauern forderten Boden, aber die Provisorische Regierung trat mit Leib und Seele für die Gutsbesitzer und für den Verbleib des Bodens in deren Besitz ein.
  • Die Arbeiter forderten die Errichtung der Arbeiterkontrolle über die Produktion, die Einführung des Achtstundentages und die Erhöhung des Arbeitslohnes, aber die Provisorische Regierung lehnte diese Forderungen ab und unterstützte mit allen Mitteln die Kapitalisten.
  • Die Völker Rußlands forderten die Befreiung vom nationalen Joch, aber die Provisorische Regierung setzte die Politik der Unterdrückung der Nationalitäten fort, wie sie von der zaristischen Selbstherrschaft ausgeübt worden war.

Die Sozialrevolutionäre und die Menschewiki verrieten die Interessen des Volkes. Als durch den Druck von unten, von Seiten der breiten Massen der Arbeiter und Soldaten, die brüchigen Grundlagen der bürgerlichen Macht ins Wanken gerieten, retteten die Sozialrevolutionäre und Menschewiki die zusammenbrechende Provisorische Regierung, indem sie in diese Regierung eintraten. Zu den kapitalistischen Ministern kamen „sozialistische“ Minister hinzu, die den Interessen der russischen und ausländischen Imperialisten ebenso willfährig dienten wie alle anderen Mitglieder der Provisorischen Regierung.

Allmählich überzeugten sich immer breitere Schichten der Werktätigen durch ihre eigene Erfahrung davon, daß die einzig richtige, den Interessen des Volkes entsprechende Politik von der bolschewistischen Partei durchgeführt wird. Der Einfluß der Bolschewiki wuchs. Ihre Losung „Alle Macht den Sowjets!“ fand in allen Teilen Rußlands immer stärkeren Widerhall.

Am 18. Juni. (1. Juli) 1917 fanden in Petrograd und anderen Städten unter Führung der Bolschewiki Massendemonstrationen der Arbeiter und Soldaten statt, die gegen die Politik der Provisorischen Regierung protestierten. Die Demonstration in Petrograd hatte besonders zahlreiche Teilnehmer. 400.000 Demonstranten zogen durch die Straßen der Hauptstadt mit den Losungen „Nieder mit dem Krieg!“, „Nieder mit den zehn kapitalistischen Ministern!“, „Alle Macht den Sowjets!“ Das Proletariat Petrograds, Moskaus und vieler anderer Städte scharte sich zu dieser Zeit um die Bolschewiki.

Aus Furcht vor der revolutionären Bewegung der Massen katzbuckelten die russische Bourgeoisie und ihre sozialrevolutionären und menschewistischen Helfershelfer vor dem ausländischen Imperialismus. Die wirtschaftliche und politische Abhängigkeit Rußlands von den kapitalistischen Großmächten verstärkte sich ständig. Die Staatsschulden an die englisch-französischen und amerikanischen Kapitalisten hatten sich während des Krieges um das Doppelte vergrößert.

Die Provisorische Regierung gehorchte dem Willen der englisch-französischen Imperialisten und trieb im Juni 1917 die Soldaten an der Front zum Angriff. Dieser Angriff mißlang jedoch, wie es auch nicht anders zu erwarten war.

Gleichzeitig versuchte die Bourgeoisie, die anwachsende revolutionäre Bewegung mit Waffengewalt zu unterdrücken. Anfang Juli 1917 ließ die Provisorische Regierung in eine friedliche Demonstration der Petrograder Arbeiter, Soldaten und Matrosen schießen, die die Übergabe der gesamten Macht an die Sowjets forderten. Arbeiter und revolutionäre Soldaten vergossen in den Straßen Petrograds ihr Blut. Zur Niedermetzelung der Arbeiter waren Truppenteile, die der Provisorischen Regierung hörig waren, von der Front herbeigezogen worden.

Nach der Niederschlagung der Julidemonstration stürzten sich die Bourgeoisie und ihre sozialrevolutionären und menschewistischen Helfershelfer vor allem auf die bolschewistische Partei, um das Proletariat seiner Führung zu berauben, um den Arbeitern und Bauern den erfahrenen, zuverlässigen Führer zu nehmen. Massenverhaftungen bolschewistischer Funktionäre begannen. Die Prawda und andere bolschewistische Zeitungen wurden verboten. Es wurde ein Befehl zur Verhaftung Lenins erlassen. So entlarvte sich die Provisorische Regierung vor den Augen der Volksmassen als Werkzeug der Konterrevolution. Die Juliereignisse brachten das Ende der Doppelherrschaft. Die gesamte Macht ging in die Hände der reaktionären bürgerlichen Provisorischen Regierung über.

Unter diesen Umständen war die bolschewistische Partei gezwungen, erneut in die Illegalität zu gehen. Die Partei brachte ihren Führer W.I. Lenin in Sicherheit und begann, sich auf den Aufstand vorzubereiten, um die Macht der Bourgeoisie zu stürzen und die Sowjetmacht zu errichten.

Der VI. Parteitag. Wie die bürgerliche Konterrevolution auch wütete, es gelang ihr nicht, die revolutionäre Partei des Proletariats zu, zerschlagen. Trotz der Treibjagd der Provisorischen Regierung wuchs und erweiterte sich der Einfluß der Partei der Bolschewiki. Ende Juli 1917 trat der VI. Parteitag der Bolschewiki in Petrograd illegal zusammen. W.I. Lenin wohnte dem Parteitag nicht bei; er hielt sich zu dieser Zeit in einem Zelt in der Nähe der Station Rasliw (Finnland) verborgen. Aber Lenin leitete den Parteitag durch seine Mitkämpfer und Schüler: Stalin, Swerdlow, Molotow, Ordshonikidse. Genosse Stalin führte den Parteitag fest und entschieden auf dem Leninschen Weg.

In dieser Zeit wuchs die Partei der Bolschewiki zu einer großen Kraft heran. In den fünf Monaten der Revolution vergrößerte sie ihre Mitgliederzahl um das Sechsfache, sie zählte in ihren Reihen 240.000 Mitglieder. Allen Schwierigkeiten und Hindernissen zum Trotz führte die bolschewistische Partei die Arbeiter und Bauern Rußlands zur sozialistischen Revolution. Die Bolschewiki gingen dabei von der Leninschen Theorie der Möglichkeit des Sieges des Sozialismus in einem Lande aus.

Genosse Stalin trat auf dem VI. Parteitag entschieden gegen die trotzkistischen Verräter auf, die vorschlugen, die sozialistische Revolution in Rußland nicht zu beginnen, bevor sie nicht in den Ländern Westeuropas gesiegt hätte.

„Die Möglichkeit ist nicht ausgeschlossen“, sagte Genosse Stalin auf dem Parteitag, „daß gerade Rußland das Land sein wird, das den Weg zum Sozialismus bahnt … Man muß die überlebte Vorstellung fallen lassen, daß nur Europa uns den ·Weg weisen könne.“ [3]

Diese weise Voraussicht des Genossen Stalin hat sich völlig bewahrheitet. Gerade Rußland ist das Land geworden, das der Menschheit den Weg zum Sozialismus gebahnt hat.

Der VI. Parteitag unterstützte einmütig die Lenin-Stalinsche Linie und nahm Kurs auf die Organisierurig des bewaffneten Aufstandes gegen die bürgerliche Provisorische Regierung. Im Lande tobte zu dieser Zeit uneingeschränkt die bürgerliche Konterrevolution. Nur durch den bewaffneten Aufstand war es möglich, ihr die Macht zu entreißen, die Diktatur des Proletariats zu errichten und den Aufbau der sozialistischen Gesellschaft zu beginnen. Der Parteitag unterstrich die Bedeutung des Bündnisses des Proletariats mit der armen Bauernschaft als der Grundvoraussetzung der sozialistischen Revolution.

Der VI. Parteitag ist als der Parteitag der Vorbereitung des bewaffneten Aufstandes, als der Parteitag der Vorbereitung der Großen Sozialistischen Oktoberrevolution in die Geschichte der bolschewistischen Partei eingegangen.


3.Der Sieg der Großen Sozialistischen Oktoberrevolution

Die Vorbereitung des bewaffneten Auistandes. Die Lage in Rußland wurde immer angespannter. Unaufhörlich verschlechterte sich die wirtschaftliche Lage des Landes. Der wirtschaftliche Verfall nahm beständig zu und verschärfte sich. Die Bourgeoisie und die zaristischen Generale begannen den deutschen Truppen bewußt eine Stadt nach der anderen zu überlassen, um mit Hilfe der deutschen Aggressoren die russische Revolution zu ersticken. Die Kapitalisten waren bereit, das ganze Land der Knechtschaft der deutschen oder der englisch-französischen Imperialisten auszuliefern, nur um ihre eigene Macht aufrechtzuerhalten und den Sieg der Arbeiter und Bauern zu verhindern.

Die Bourgeoisie ging mit Unterstützung der englisch-französischen Kapitalisten an die Vorbereitung einer konterrevolutionären Verschwörung innerhalb des Landes, um die revolutionäre Bewegung der Arbeiter und Bauern zu unterdrücken und in Rußland eine zügellose Militärdiktatur zu errichten.

kornilow_juni11Ende August 1917 brachte der General Kornilow eine Meuterei zustande und schickte – in der Hoffnung, die revolutionären Kräfte mit Hilfe englischer Tanks und amerikanischer Dollars zu zerschlagen – konterrevolutionäre Truppenteile gegen Petrograd. Aber die Bolschewiki riefen die Arbeiter und Soldaten zum aktiven bewaffneten Widerstand gegen die Konterrevolution auf. Unter Führung der Boischewiki wurde der Putsch Kornilows niedergeschlagen. Die Niederschlagung des Kornilowputsches deckte die Schwäche der bürgerlichen Konterrevolution auf und zeigte, daß die bolschewistische Partei zur entscheidenden Kraft der Revolution herangewachsen und fähig war, die Machenschaften aller ihrer Feinde zu durchkreuzen.

Von dieser Zeit an nahm der Aufschwung der Revolution stetig zu, Der Kampf der Arbeiter und Bauern gegen die Bourgeoisie und die Gutsbesitzer dehnte sich über das ganze Land aus. Der Einfluß der Sozialrevolutionäre und Menschewiki schwand immer mehr dahin. Die Massen der Arbeiter und Bauern wandten sich von den Sozialrevolutionären und Menschewiki ab und gingen auf die Seite der bolschewistischen Partei über. Die Bolschewiki errangen die Mehrheit im Petrograder, im Moskauer und in vielen anderen Sowjets. Ständig vergrößerte sich ihr Einfluß, sowohl in den Städten als auch in den Dörfern und in der Armee. Dem Proletariat und der armen Bauernschaft schlossen sich auch immer mehr Mittelbauern an. Unter diesen Umständen durfte man nicht länger zögern.

Mitte September 1917 wies Lenin, der sich in der Illegalität befand, in seinen Briefen an das Zentralkomitee der Partei darauf hin, daß die Bolschewiki die Staatsmacht nun in ihre Hände nehmen konnten und mußten, da die Mehrheit des Volkes für sie war. Am 7. (20.) Oktober kam Lenin illegal aus Finnland nach Petrograd. Am nächsten Tage traf er mit Stalin zusammen.

Am 10. (23.) Oktober 1917 fand unter Leitung von Lenin und Stalin die historische Sitzung des Zentralkomitees der bolsche­wistischen Partei statt. Nach dem Referat Lenins entschied das ZK, in den nächsten Tagen den bewaffneten Aufstand gegen die Provisorische Regierung zu beginnen, Kamenew und Sinowjew traten gegen den bewaffneten Aufstand und für die Belassung der Macht in den Händen der Bourgeoisie auf. In dieser Sitzung stimmte Trotzki zwar nicht direkt gegen die Resolution, brachte aber einen Abänderungsantrag ein, der dazu angetan war, den Aufstand zu vereiteln und zum Scheitern zu bringen. Er beantragte, den Aufstand nicht vor der Eröffnung des II. Sowjetkongresses zu beginnen. Das hätte bedeutet, die Durchführung des Aufstandes hinauszuschieben, den Tag des Aufstandes im voraus bekanntzumachen und die Provisorische Regierung zu warnen.

Das Zentralkomitee der Partei lehnte die Vorschläge der Verräter ab und entfaltete unter Führung Lenins und Stalins umfassende Vorbereitungen für den bewaffneten Aufstand. Bewaffnete Arbeitertrupps (die Rote Garde), revolutionäre Soldaten und Matrosen bereiteten sich auf den Aufstand vor. Das, ZK der Partei entsandte seine Bevollmächtigten in das Donezbecken, in den Ural und in andere Arbeiterzentren. ferner an die westliche, südwestliche und an die übrigen Fronten, um den Aufstand an Ort und Stelle zu organisieren, Auf Weisung des Zentralkomitees wurde beim Petrograder Sowjet das Revolutionäre Militärkomitee geschaffen, das zum Stab des Aufstandes werden sollte. Am 16. (29.) Oktober bildete das Zentralkomitee ein Parteizentrum zur Leitung des Aufstandes mit Genossen Stalin an der Spitze. Dieses Parteizentrum war der Kern des Revolutionären Militärkomitees und leitete praktisch den gesamten Aufstand.

Auf der Sitzung des ZK der Partei am 16. (29.) Oktober traten Kamenew und Sinowjew erneut gegen den Aufstand auf und wurden wiederum von den Mitgliedern des Zentralkomitees der Partei einmütig zurückgewiesen. Daraufhin nahmen sie offen gegen die Partei Stellung. Kamenew und Sinowjew veröffentlichten in einer bürgerlichen Zeitung eine Erklärung über die Vorbereitung des bewaffneten Aufstandes und lieferten so die Pläne der Bolschewiki den Feinden der Revolution aus. Das war Verrat. Aber die schändlichen Verräter konnten die Bourgeoisie nicht vor dem Untergang retten.

Die von den Verrätern gewarnte bürgerliche Provisorische Regierung war bestrebt, den Aufstand zu verhindern und den Stab der Revolution – die Partei der Bolschewiki – zu vernichtcn: Sie zog zu diesem Zweck eiligst Truppen von der Front herbei. Aber niemand war mehr imstande, dem siegreichen Vormarsch der sozialistischen Revolution Einhalt zu gebieten. Kühn und überzeugt, fest und umsichtig führten Lenin und Stalin die Partei und die Arbeiterklasse zum Sturmangriff auf die bürgerliche Macht.

Quelle:
Lehrbuch für die politschen Grundschulen. Erster Teil. Dietz Verlag Berlin, 1951, S.74-86.

Zitate:
[1] W.I. Lenin, Sämtliche Werke, Bd. XX, 1. Hlbbd., Wien 1928, S.27.
[2] W.I. Lenin, Ausgewähltc Werke in zwei Bänden, Moskau 1946/47. Bd, II, S.7-11.
[3] J.W. Stalin, Werke, Bd.3, S. 172 u. 173.


Anmerkung: Bis zum Februar 1918 wird jedes Datum nach dem alten russischen Кalenderstil gegeben; die eingeklammerte Angabe gibt dasselbe Datum nach neuem Stil. Die Quellenangaben entsprechen den zur damaligen Zeit vorliegenden Ausgaben der Werke Lenins und Stalins. Der gesamte Text kann in einer pdf-Datei heruntergeladen werden.

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