Prof. Dr. Hans Fischer (Militärwissenschaftler und Ökonom, Berlin)

Der Aufruf – ein Beitrag zur Herstellung der Einheit der Kommunisten in Deutschland

Fast 20 Jahre nach dem Sieg der Konterrevolution in Europa, der beschämenden Selbstauflösung der Warschauer Verteidigungsgemeinschaft und der Sowjetunion, ist die kommunistische Bewegung gespalten, zersplittert, vom Reformismus und Opportunismus infiziert. Ihr Einfluss auf die Politik und in der Gesellschaft ist nach wie vor marginal. Die strategische Niederlage ist immer noch nicht verwunden.

Wollen wir uns weiterhin mit dieser untragbaren Situation abfinden?

Auf der Suche nach den Ursachen unserer Niederlage zog im Wesentlichen der Revisionismus ein, Grundsätze und Prinzipien einer marxistisch-leninistischen Partei wurden aufgegeben. Der Sozialismus sowjetischer Prägung – das Stalin’sche Modell – sei gescheitert und man strebe nunmehr einen demokratischen Sozialismus an.

Woher kommen die Geringschätzung der Leistungen der Kommunistischen Parteien Vietnams und Nordkoreas, und das nach verheerenden, vom Imperialismus aufgezwungenen Kriegen? Und was ist mit China? Zog dort der Manchester-Kapitalismus ein, wie es auf manchen Veranstaltungen und in einigen Presseorganen mit kommunistischen Selbstverständnis zu erfahren ist? Oder findet dort eine ökonomische Entwicklung statt, die beispielgebend für die Länder der dritten Welt ist und einmalig in der modernen Geschichte? Und was vermittelten die letzten Olympischen Spiele der ganzen Welt? Welche Ausstrahlung, welches Selbstbewusstsein, welche Würde, welche Gastfreundschaft eines Landes, das den Sozialismus aufbaut. Und noch eins: Die Hunde bellen, doch die Karawane zieht weiter!

Im Oktober besuchte ich, diesmal mit meiner Tochter, zum sechsten Mal Kuba – ein Land, das mir sehr am Herzen liegt. Dauerhafte Bedrohung durch das IMPERIUM, schwerwiegende ökonomische Beeinträchtigung infolge der US-Blockade und regelmäßige Naturkatastrophen mit riesigen materiellen Schäden gehören zu den Lebensbedingungen dieses Landes. Wir waren bereit, mit anzufassen. Doch was fanden wir vor: Ein intaktes Land und ganz normales Leben, in den Städten und auf dem Lande. Die Kubaner brauchten dafür ca. zehn Tage – ein Alle-Mann-Manöver, einfach bewundernswert. Und was passiert in Lateinamerika, vor der Haustür des IMPERIUMS? Die USA sind dabei, ihren Hinterhof zu verlieren.

Ist es nicht an der Zeit und auch besser, die Prinzipien und Erfahrungen dieser erfolgreichen, massenverbundenen Kommunistischen Parteien zu studieren und Lehren daraus zu ziehen anstatt sich mit unseren Klugscheißern und Besserwissern herumzuschlagen, die in der Regel keine Verantwortung für die Gestaltung des Sozialismus oder in der Wirtschaft trugen. Es würde Ihnen zur Ehre gereichen, sich mit dem Scheitern des Kapitalismus bei zwei Dritteln der Menschheit zu befassen, jenen vier Milliarden Menschen, die an oder unter der Armutsgrenze zu leben gezwungen sind. Davon sind – nach Angaben der UNO – 800 Millionen unzureichend ernährt, müssen hungern oder verhungern.

Doch zurück zum Hauptanliegen des Aufrufs. Wie kommen wir zu einer massenverbundenen, revolutionären kommunistischen Partei?

Sollten wir bei Null anfangen, mit unverbrauchten, vorbehaltlosen, einsatzstarken jungen Leuten?

Ist eine Vereinigung aller oder der wichtigsten kommunistischen Formationen möglich und realistisch?

Sollten wir alle in die DKP eintreten, um dieser Partei einen anderen Charakter zu verleihen?

Wollen das die Genossen der DKP in ihrer Mehrheit?

Bekanntlich ist die mitgliederstärkste Kommunistische Partei in Deutschland die DKP. Die Führung dieser Partei lehnt jedes Zusammengehen mit anderen kommunistischen Formationen wie der KPD und der KPD(B) ab, geschweige denn eine Vereinigung. Sie betrachtet sich als der legitime Nachfolger der Partei Liebknechts und Luxemburgs. Die Anzahl ihrer Mitglieder ist seit Jahren konstant. Die der DKP nahe stehende Marx-Engels-Stiftung organisiert von Zeit zu Zeit Konferenzen mit Trotzkisten, und die marxistischen Blätter pflegen auch den Antistalinismus und betrachten die Volksrepublik China als kapitalistischen Staat. Trotz aller Korrekturbemühungen der Gruppe um den bedeutenden Philosophen Hans Heinz Holz und der Genossen der Berliner Bezirksorganisation nahm der Parteitag im Jahr 2006, nach jahrelangen Diskussionen, ein zumindest opportunistisches Programm an. Ungeachtet aller kritischen Bemerkungen ist die Kuba-Solidarität dieser Partei beispielgebend. Großen Zuspruch finden in der Bevölkerung auch ihre Pressefeste.

Die KPD wurde in der DDR, kurz vor dem Beitritt zur Bundesrepublik, neu gegründet, als das weitere Schicksal der SED noch unklar war. Ihre Mitglieder sind überwiegend ältere Genossen mit starker Bindung zur DDR. Sie bekennen sich zu Marx, Engels, Lenin und Stalin, unter dessen Führung die deutschen Armeen geschlagen und die Völker Osteuropas vom Faschismus befreit wurden. Selbst die Herstellung aktiver Beziehungen zwischen den Parteivorständen wird von der DKP abgelehnt. Über Jahre gab es interne Kämpfe über die politische Linie. Persönliche Kontroversen führten zu zahlreichen Parteiaustritten und Parteiausschlüssen. Nach dem Ausschluss mehrerer, bis dahin leitender Genossen traten aus Solidarität weitere Genossen aus der KPD aus und gründeten die KPD(B). Insgesamt ist der Einfluss beider Parteien auf die Gesellschaft noch geringer als der der DKP. Nach mehreren Anläufen ist es der KPD in diesen Jahr gelungen, aussichtsreiche Bündnisse mit linken Organisationen anzubahnen.

Eine weitere kommunistische Formation ist die KPF in der Partei „Die Linke“. Sie versteht sich als linkes Korrektiv dieser Partei. Die bisherige Geschichte zeigt aber, dass ihr das in keinem Fall gelungen ist. Ihre Haltung zu der antikommunistischen Steinplatte vor dem Denkmal für Liebknecht und Luxemburg in der Gedenkstätte der Sozialisten und zu dem Skandal mit der Genossin Wegener (DKP) ist mehr als bedenklich. Bestrebungen der KPF, die kommunistischen Kräfte zu einigen oder gar zu vereinigen, sind nicht erkennbar. Hervorgehoben werden muss die äußerst wertvolle und kontinuierliche Versorgung kubanischer Weiterbildungseinrichtungen mit Computern – jährlich mehr als 50 Maschinen.

Soweit meine Einschätzung der Kommunistischen Parteien und Fraktionen. Ich denke, dass Ihre grundlegenden Positionen seit Jahren verinnerlicht und gefestigt sind, ein Aufbruch oder grundsätzlicher Wandel nicht zu erwarten ist.

Meine Position zu anderen linken Organisationen und Publikationsorganen ein anderes Mal.

Nach langen Diskussionen und Überlegungen im Umfeld von offen-siv und nach Konsultationen mit österreichischen Genossen wurde beschlossen, unseren Vorschlag „Kommunistische Initiative“ zu nennen.

Zum Start der Initiative:

– Unterstützer sind zu Beginn nicht Parteien und Organisationen, sondern Personen. Die Zugehörigkeit zu Parteien und Organisationen sollte kein Hindernis sein.

– Gibt es eine ausreichende Zahl von Unterstützern, werden Vorschläge diskutiert und alternative Wege beraten.

– Aussichtsreiche alternative Wege werden in geeigneter Form popularisiert. Dann werden wir weitersehen.

Ich bin auf jeden Fall optimistisch. Sollte diese Initiative nicht zum Erfolg führen, müssen andere Wege gesucht und gefunden werden.

//